St Johanneskirche Taunusdom Kirdorf
St Johanneskirche Taunusdom Kirdorf

Henzel - Hartmann - Gerlach,  die Kirdorfer Ahnen

In meinen Kinder- und Jugendjahren hatte Kirdorf wirklich noch einen dörflichen Charakter.  Bauern bewirtschafteten neben ihrem Beruf  noch intensiv die  Felder rund um die Gemeinde. Bei Feldarbeit eingesetzte Pferde konnte man noch häufig sehen.  Schweine, Ziegen und Stallhasen wurden gehalten, um den Speiseplan zu bereichern.  Gackernde Hühner liefen  dann und wann auch mal über die Straßen und das Krähen der Hähne am frühen Morgen war so ein vertrauter Ton, dass es uns nicht weckte. Die Tageszeit wurde zuverlässig von Läuten der Glocken im Turm der St. Johannes-Krche vermeldet, die Uhren wurden nach der Kirchturmuhr gestellt.

Niemand wäre auch nur im Traum auf die Idee gekommen, gegen das Krähen der Hähne oder das Geläut der Glocken vorzugehen, wie es in der heutigen Zeit schon andernorts schon geschehen ist.

Der weithin sichtbare Taunusdom - die  katholische St. Johannes-Kirche,  war an den Sonntagen zu allen Gottesdiensten mehr mit Gläubigen gefüllt als heute zum Weihnachtsfest.

Gerlach, Matthäus, Kellner, * Bibergau Bez.amt Kitzingen 7.3.1877,

+ Bad Homburg - Kirdorf 18.2.1955.

oo in Ffm am 17.4.1903 mit

 

Breitbach, Angelika, katholisch, Köchin,

* Boppard St. Goar 18.9.1871,

~ Boppard Oberwesel 21.9.1871,

+ Bad Homburg - Kirdorf 4.9.1931, [] Bad Homburg - Kirdorf

 

Aus den Erinnerungen meiner Mutter:

1904 erwarb mein  als Oberkellner in einem der besten Hotels in Frankfurt am Main zu Wohlstand gekommene Großvater Matthäus abseits des Dorfes am   höher gelegenen Panoramaweg, von den Einheimischen erst „Trampelpfad“ und später „die „Schossee“ genannt,  das Haus, in dem meine Mutter Marie Gerlach mit  den Geschwistern aufwuchs.

Matthäus  wuchs in Ochsenfurt bei Kitzingen im Fränkischen in ärmlichen Verhältnissen auf. Die Familie besaß nur ein Paar feste Schuhe, dass sich Vater und Söhne je nach Bedarf teilen mussten. Man aß aus einem gemeinsamen Topf, Teller gab es in diesem armen Haushalt nicht.

In jungen Jahren galt mein Großvater Matthäus als schöner Mann, er war von großer und stattlicher Gestalt, hatte gute Manieren, fand schnell eine Anstellung in Frankfurt und lernte dort die Köchin Angelika Breitbach aus  Boppard am Rhein kennen. Sie heirateten, wohnten in Frankfurt und hier wurden die vier Kinder Adam, Barbara (genannt Bawett), Marie und Anni geboren.

 Die kleine Anni  litt unter einer schweren rheumatischen Erkrankung und war herzkrank. Der Arzt empfahl einen Umzug, weg aus der Stadt, hinaus aufs Land.  Doch auch die Kirdorfer  Landluft verhinderte nicht, dass Anni schon im Alter von 18 Jahren starb.  

Der Sohn Adam verließ Kirdorf, begann ein Theologie-Studium und zog mit seiner Schwester  Bawett nach Hamburg.

Marie heiratete und lebte mit ihrem Mann August Henzel zunächst in der Friedberger Straße 14, nur wenige hundert Meter von Maries Elternhaus entfernt. Dann erkrankte Maries Mutter Angelika geb. Breitbach schwer. August und Marie siedelten in das Haus am Trampelpfad um, pflegten die Kranke, um die sich der Ehemann Matthäus nicht kümmerte. Er behandelte seine Frau stets wie ein Dienstmädchen , kränkte  und  demütigte sie, wann immer sich ihm die Gelegenheit bot. Einmal war ein Knopf an seinem Hemd etwas zu locker, da zerriss er im Jähzorn das ganze Hemd und schleuderte die Fetzen vor die Füße seiner Frau. Zuhause gebärdete er sich als  „Haustyrann“, sonst war er ein „Gassenlacher“. 

Aber die Nachbarschaft  hatte sein gemeines Wesen erkannt und niemand war  betrübt, als er nach dem Tod seiner Frau Kirdorf verlässt und nach Würzburg zu seinen Geschwistern zieht.

Als er in Würzburg ausgebombt wird, holt Marie den Vater zurück nach Kirdorf.  Dort stirbt er am 18.2.1955.

Nachfahrenliste  des Michael Gerlach aus Dornheim bei Uffenheim in Mittelfranken

„Ein Kirdorfer kann zwar auch ein Bad Homburger sein,

- aber niemals wird aus einem Homburger ein echter Kirdorfer werden.“

 

Kirdorf  ist seit 1902 ein Ortsteil der Kurstadt Bad Homburg vor der Höhe und obwohl die Kirdorfer alle Vorteile aus diesem Zusammenschluss gerne annahmen, besteht immer noch eine gewisse innerliche Abgrenzung zur "Stadt". Daran ändert  auch die Tatsache nichts, dass  aus Kirdorf ein Bürgermeister und  zwei Oberbürgermeister der Stadt Bad Homburg stammen.

  

Die Geschichte Kirdorfs lässt sich bis in die Zeit der Kelten zurück verfolgen. Interessierte haben vielerlei Möglichkeiten, sich in Büchern und im Internet über den Bad Homburger Stadtteil zu informieren. Einen LINK zur Geschichte Kirdorfs finden Sie hier.

Maria Henzel geb. Gerlach und Sohn Helmut

Meine Großmutter Maria Henzel geb. Gerlach mit Söhnchen Helmut, welches im Alter von nur 8 Wochen am 28.6.1931 starb.

 

Am 7. Mai 1931, dem Tag der Taufe, setzte zwischen 15 und 16 Uhr in Kirdorf ein heftiges Gewitter ein. Es ging ein stundenlang dauernder schwerer Wolkenbruch nieder, der den Kirdorfer Bach und den Tiefenbach in reißende Ströme verwandelte und schlimme Verwüstungen anrichtete.  Nicht nur die Hauptstraße ist überschwemmt, auf der an diesem Tag  Josef Hett, Friedberger Str. 27, den Täufling mit seinen Paten und der Hebamme zur St. Johannes-Kirche fuhr.  Auf dem Heimweg blieb das Fahrzeug auf der Höhe des Anwesens Braun (Brot-Kasper) in den Wassermassen liegen. Die Hebamme hielt das Kind hoch, um es vor der Nässe zu schützen.Dann kam Jakob Hett, der Bruder des Fahrers,  mit seinem Pferd zu Hilfe und zog das Fahrzeug aus dem Wasser, der nicht alltägliche Taufgang nahm so doch noch einen trockenen Verlauf. Die alten Kirdorfer aber prophezeiten: " Des Keand dud baal sterwe! (Das Kind wird bald sterben!) Tragischerweise sollten sie Recht haben, Helmut Henzel starb wenige Wochen nach der Taufe.

unten:  Das große Unwetter in Kirdorf am 7. Mai 1931:

Jakob Hett kommt mit  seinem Pferd dem liegen gebliebenen Fahrzeug zur Hilfe.

oben links: August Henzel, mein Großvater als junger Mann

oben rechts: August Henzel - wie ich meinen Großvater noch kannte. Aufnahme entstand ca. 1955-1960

Juni 1914 - August Henzel u. Maria, geb. Hartmann  (Brigittes Urgroßeltern) feiern mit ihren Söhnen Heinrich und August  Kirchweih in Bad Homburg - Kirdorf in der Frieberger Str. 14.  Damals trug man zur "Kirdorfer Kerb" noch Uniform und Sonntagskleid, auch wenn man nicht in der "guud Stubb", sondern im Hof vorm Schweine- und Ziegenstall feierte.

Heinrich war schon ein betagter Herr, als ich hier viele unbeschwerte Stunden bei "Onkel Heiner und Tante Lina" verbringen durfte. Das Anwesen wurde jedoch  ca. 2015 von Heiners Erben verkauft..

"Mit dem Haus ist auch ein Stück Familiengeschichte verloren gegangen", denke ich jedesmal, wenn ich an dem Haus meiner Urgroßeltern in der Friedberger Straße vorbei fahre.

Hausschlachtung um 1920 in  Kirdorf Friedberger Str. 14,

2. v. rechts: August Henzel , mein Urgroßvater Henzel   u.  3.v.lks: sein Sohn Heinrich (Heiner) Henzel 

In den 50er Jahren bis Ende der 60er gab es in Kirdorf noch viele Hausschlachtungen. Die ganze Familie kam zusammen, alle halfen bei der Verarbeitung des Schlachtviehs. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich die Blutsuppe rühren musste - der widerliche Geruch süßen Blutes, die fetten Grieben, die Wurstsuppe und das köstliche Wellfleisch sind in das Gedächtnis eingebrannt.

 

Bei uns zu Hause wurden nur Hühner und Kaninchen geschlachtet. Die Hühner fielen in den Zuständigkeitsbereich meiner Großmutter Marie und ich sehe sie noch heute in Kittelschürze und mit Kopftuch am Holzklotz vorm Hühnerstall stehen, in der einen Hand das flatternde Huhn, in der anderen das Schlachtebeil.

oben  links: Heiner Henzel füttert seine Ziegen - im Hintergrund die "Langen Wiesen" in Kirdorf. Dort durften die Ziegen oft grasen und lieferten die gehaltvolle "Gaasemilch".

oben rechts: Heiner besucht seinen Bruder August und dessen Familie.

Ich  kann mich an den Bruder meines Großvaters noch gut erinnern: Onkel Heiner schaute fast wöchentlich bei uns herein, rauchte seine "Zigarr" und brachte uns Kindern Schokolade und unserer Mutter einen Ring "Flaaschworscht" (Fleischwurst) mit. Er war wie mein Großvater gütig und humorvoll und wir Kinder aus der Höllsteinstraße liebten unser "Onkelchen" abgöttisch.
Zum Anwesen unseres Onkels blickten wir direkt aus unserer Wohnung. Wie oft sind wir Kinder den "Raa" (Rain) hinabgerutscht von der Höllsteinstraße in die Wiesen, kämmten uns durch das hohe Gras und "drangen" durch die Gartentür quasi von hinten zum Haus vor. Hier waren wir kleine Könige, durften die "Hinkel" (Hühner) füttern, die Kaninchen streicheln, die Schweine und Ziegen bewundern und mit den Nachbarnkindern spielen.

Meine Urgroßmutter Maria Henzel, geb. Hartmann.  wurde in Groß-Eichen im Jahre 1859 geboren. Sie arbeitete vor der Heirat als Zimmermädchen.

Seit der Hochzeit lebte sie mit ihrem Mann in Kirdorf.  Obwohl selbst evangelisch getauft, erzog sie ihre Kinder im katholischen Glauben. Sie starb 1933. Die Geburt meiner Mutter - ihrer Enkeltocher - hat sie noch erlebt.

Auf dem Tisch in der guten Stube steht eine Photografie des 1920 verstorbenen Ehemannes August Henzel (mit Hut) und ein Kinderfoto ihrer Söhne August und Heinrich.

Mit der Verwandtschaft in Groß-Eichen bestand zu Lebzeiten meiner Großeltern noch ein sehr enger Kontakt.

 

 

von rechts nach links:

 

 

August Henzel

Schuhmacher und Postschaffner

* 27.11.1855, + 2.9.1920 

 

seine Frau Marie, geb. Hartmann

*21.1.1859,

+ 13.10.1933 mit

 

Sohn Heinrich (Rufname: Heiner),

*3.3.1893, + 1.8.1963.
 

oben: Personal-Ausweis des August Henzel, Postschaffner, geb. am 27.11.1855 in Kirdorf, wohnhaft Friedberger Str. 14. Staatsangehörigkeit: Preußen.Gr. 162 cm, Gesichtsform: voll, Augen: braun,

Haare: blond. Ausgestellt  am. 29.11.1917

Nachfahrenliste Johann Henzel aus Anspach

Bilder oben: Fest der Glockenweihe der St. Johannes-Kirche in Kirdorf 1950, Pfr. Keutner

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